De Kavithas Jeyabalan
vo Arosa
Die Geschichte von Kavithas Jeyabalan erinnert an ein Märchen und erzählt davon wie ein positiv, strahlender Mensch seine Heimat verliess und es mit viel Mut und Vertrauen im Gepäck zu dem brachte, was er heute ist. Kavi, so nennen ihn die Menschen hier, ist ein waschechter Aroser und erfolgreicher Geschäftsmann, der Arbeitsstellen in der Schweiz schafft. Er ist liebevoller Vater von fünf Kindern, bald schon Großvater und Vorbild für alle, die seine Lebensgeschichte kennen.
Heute bereist man die Welt, als gäbe es nichts Einfacheres. Man erreicht als Reisender fremde Orte, ohne sich dabei grossen Gefahren auszusetzen. Auf unüberwindbare Hürden trifft man nur selten. Längst sind es darum nicht nur die mutigen und lebensfrohen Freigeister, die um die Welt pilgern. Die ganze Welt scheint eins zu sein, nah und nur einen Katzensprung voneinander entfernt. Und doch könnten die Orte verschiedener nicht sein. Vergleicht man nur oberflächlich, auf das Klima bezogen, Arosa mit Sri Lanka, trifft eine tropische Insel aus üppigem grün auf rustikal, kaltklirrende Bergwelt in weiss. Dreht man nun noch die Zeit zurück ins Jahr 1984, in welchem Kavi seine Heimatinsel Sri Lanka als tamilischer Flüchtling und nicht als fröhlicher Reisender verlassen musste, kann man nur wage erahnen, wie unheimlich gross die klimatischen und kulturellen Unterschiede damals auf ihn wirken mussten. Wie mutig und wild entschlossen sein Herz schlug, um diesen gewaltigen Schritt ins unbekannte, in sein heutiges Heimatland die Schweiz, zu wagen.
«Es war der rote Zug der Rhätischen Bahn, der mich von Chur nach Arosa lockte», erzählt Kavi mit glänzenden Augen, wenn er von damals berichtet. Die Schienen führten direkt an der Asylunterkunft, in der er untergebracht war, vorbei. Seine Neugier auf die unbekannte Endstation wuchs von Tag zu Tag und liess dem damals 20-Jährigen keine Ruhe. Er folgte den Schienen erstmals und soweit es ging zu Fuss, bis der mysteriöse Zug im dunklen eines Tunnels, kurz nach Chur, vor seinen Augen verschwand. So sparte sich Kavi geduldig, von den 20 Franken, die ihm pro Woche zur Verfügung standen, sein erstes Zugticket nach Arosa zusammen. Die holprige Zugstrecke durch die wunderbare Natur und das quietschen der Schienen, erinnerten ihn ein kleines bisschen an die Zugfahrten in Sri Lanka. Bedeutender Unterschied: die strengen Regeln in der Schweiz, die es verbieten, während der Fahrt die Türen zu öffnen und die Beine aus dem Zug baumeln zu lassen. Es scheint, als wurden beim Besteigen des roten Zuges nach Arosa die Weichen seines Lebens in eine neue Richtung gestellt. Angekommen auf 1800 m ü. M., in dem weit oben gelegenen Bergörtchen Arosa, sah Kavi zum erstem Mal den Obersee und so war es um ihn geschehen. Das Glitzern des Wassers war zwar viel bescheidener als das vom Indischen Ozean, aber Kavi fühlte sich hier wohl. So machte sich Kavi immer wieder von Chur nach Arosa auf, um diesen wunderschönen Ort und sein kleines Meer, ein kleines Stück Heimat, zu besuchen. Die Spaziergänge vom Obersee zum Untersee und durch die eindrückliche Berglandschaft, beschreibt er wie eine Entdeckungsreise durch eine für ihn neue Welt.
Eines Tages führten ihn seine Schritte vorbei an einer Schreinerei. Es war der Duft von Holz, der ihn lockte und so folgte er diesem wortwörtlich der Nase nach hinein in die Werkstatt von Beat Zogg. Kavi fiel es, dank seiner offenen und herzlichen Art, nicht schwer auf Beat Zogg zuzugehen und ins Gespräch zu kommen. Da sich Kavi nach einer Aufgabe sehnte, zögerte er nicht lange und erkundigte sich nach einer Arbeitsstelle. Was Kavi zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste war, dass er für die nächsten zehn Jahre in dieser Schreinerei bleiben und unter anderem das traditionelle Handwerk vom Bau des berühmten Aroser Schlittens erlernen würde. Mit grosser Begeisterung wurde fleissig gefräst, gehobelt, gehämmert und gebohrt. Kavi fühlte sich schon damals dazu Berufen, die 150-jährige Bündner Tradition des Schlittenbauens aufrecht zu erhalten. Und so werden die Schneeflitzer auf zwei Kufen heute in seiner eigenen Schreinerei in Peist mit Stolz, Holz, Herzblut und Leidenschaft hergestellt.
Heute beschäftigt der 54-Jährige zehn Angestellte und hat mit seinem Unternehmen und den Aufträgen, die weit über die Schlittenproduktion hinausgehen, mehr als genug um die Ohren. Fragt man ihn nach seinen Hobbys, meint er schmunzelnd: «Mit Holz zu arbeiten, ist Hobby genug.», das mache ihn wunschlos Glücklich. Am liebsten verbringt er seine Freizeit aber mit seiner Frau Vreni. Zusammen sind sie Teil der Trachtengruppe in Peist und leben das traditionelle Brauchtum des Volkstanzes mit voller Hingabe. Und wenn nicht gerade die ganze Familie zu Besuch ist, zieht sich Kavi gerne auch mal auf sein eigenes Maiensäss zurück und geniesst die Ruhe.
Auf die Frage was Arosa zu seinem zu Hause macht, antwortet Kavi: «Es sind die Menschen, die hier leben, die mir das Gefühl von einem zu Hause geben sowie die Offenheit der Einheimischen und die Gastfreundschaft, die ich schon bei meiner Ankunft erleben durfte.»
Dem Aroser Gast rät er: «Geniesst unseren Ort in vollen Zügen, geniesst die Pisten, das gastronomische Angebot, die frische Luft, den Obersee - mein kleines Meer. Geniesst die tollen Wanderwege und Schlittelbahnen. Vor allem aber, nehmt euch die Zeit und geht auf die Einheimischen zu. Kommt ins Gespräch, sucht den Kontakt und freundet euch an. Fragt einfach, wenn ihr etwas sucht. Beispielsweise, wo die beste Pizokel serviert wird. Wir Aroser sind gerne bereit unsere Heimat und deren Geheimtipps mit jedem Gast zu teilen.»
Ein waschechter Aroser also, unser Kavi.
Kavithas’ Erlebnistipp:
Machen Sie eine kleine Reise talabwärts. Abseits von den Touristenströmen, in Peist befindet sich die Schreinerei Kavi, wo noch heute die original Aroser Schlitten hergestellt werden. Testen können Sie diese oberhalb von Peist auf der Schlittelbahn Hochwang. Mehr zu diesem Erlebnistipp erfahren Sie hier.
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