De Christian Sprecher vo Arosa

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem bequemen Sessel und schauen gespannt auf die grosse Bühne vor Ihnen: Arosa, die Bühne, die die Welt bedeutet. 

So beschreibt Christian Sprecher, Hauptdarsteller in diesem Stück, seinen Geburtsort. Die Bühne Arosa lebt von den Zuschauenden, den Gästen, die sich verwöhnen lassen wollen. Wer hier zu Gast ist, erlebt ein grossartiges Stück, voller Emotionen. Auf der Bühne tummeln sich Statisten, also Saisoniers, die kommen, arbeiten, lieben, lachen, tanzen und nach kurzer Zeit wieder gehen. Oder sie bleiben für immer und werden zu Einheimischen beziehungsweise Darstellern. Es gibt viele Talente und Profis am Bühnenset, so auch die Technikerinnen und Bühnenmanager: Menschen, die bei den Arosa Bergbahnen oder der Gemeinde arbeiten und verantwortlich dafür sind, dass die Bahnbetriebe laufen und die Strassen schneefrei und befahrbar bleiben.

Aktuell steht die Wintersaison 24/25 auf dem Programm und die Bühne Arosa ist bereit. Genau wie unser Hauptdarsteller, der, wenn er nicht gerade auf einer anderen Bühne spielt, auf den Skipisten anzutreffen ist. In diesem Sinne: Vorhang auf und Spotlight on!

Christians persönliches Stück beginnt 1893, als sein Urgrossvater im heutigen Aroser Dorfzentrum das erste Schuh- und Sportgeschäft eröffnet. 36 Jahre später folgt die Eröffnung einer zweiten Filiale in Innerarosa durch dessen Sohn, der das Unternehmen 1969 wiederum an Christians Eltern übergibt, welche das Geschäft um den noch heute beliebten Carmenna Sport erweitern. Nun könnte man denken, dass im Drehbuch von Christians Leben die Rolle des nächsten Geschäftsführers in der 4. Generation geschrieben steht. Doch die Rollen werden ganz anders verteilt.

Als neue Geschäftsführerin tritt 1992 seine Schwester Karin auf die Bühne und führt den Familienbetrieb Sprecher Sport Innerarosa mit viel Liebe und Engagement erfolgreich weiter, während Christian seine eigene Geschichte schreibt. Zuerst erlernt er den kreativen Beruf des Konditor-Confiseurs in Chur. Anschliessend arbeitet er als privater Ski- & Snowboardlehrer und legt den Gästen aus nah und fern die Piste zu Füssen und unter deren Bretter. Nicht nur als Konditor-Confiseur beherrscht er es, seinen Mitmenschen das Leben zu versüssen. Durch seine sympathische und unterhaltsame Art zählen schon bald viele internationale Schneesportbegeisterte zu seinen jährlich wiederkehrenden Stammgästen. Auf der Bündner Bühne tummeln sich viele Menschen aus der Kreativbranche, so auch der Flimser Theater-, Film- und Opernregisseur Daniel Schmid, welcher ihn beispielsweise als zweiten Regieassistenten für die Sat.1-Produktion «Spuren im Eis» – ein Snowboardkrimi der Extraklasse – engagiert. Im Rahmen dessen castete Christian die infrage kommenden Schneesportler:innen aus der Szene, die er als einer von ihnen ja bestens kennt.

Bei einem seiner ersten Sommerjobs als Aufnahmeleitungsassistent chauffiert er bekannte Stars und Sternchen durch die Schweiz. Als er einer dieser von seiner Faszination für die Schauspielerei erzählt, meint die Dame auf dem Rücksitz enthusiastisch: «Just do it!» Es war dies Geraldine Chaplin, Tochter von Charlie Chaplin. Diese einfache Aussage gibt ihm 2001 den Impuls, sich in Köln an der Schauspielschule zu bewerben. Die darauffolgenden Aufnahmeprüfungen besteht er mit Bravour, genauso die vierjährige Schauspielausbildung. Es folgen Auftritte auf verschiedenen renommierten Bühnen Deutschlands, wie am Schauspiel Köln oder am Staatstheater Karlsruhe und Kassel. Seine Lieblingsbühne bleibt Arosa. Ein Grund, warum er über Weihnachten und Neujahr weiterhin als Schneesportlehrer zurückkehrt und seine Visitenkarte zweiseitig bedrucken lässt. Eine Seite fürs Showbusiness und eine fürs Snowbusiness.

Nach drei weiteren Jahren bei der Shakespeare-Company in Berlin, einigen Film- und Fernsehrollen sowie insgesamt 13 Jahren in Deutschland, findet Christian in Chur ein neues Zuhause. Von hier ist er überall schnell, egal welche Bühne ihn ruft. Und solange es nicht Hollywood ist, bleibt er Graubünden und dem Theater treu. Er beteiligt sich weiterhin an diversen Theaterprojekten, inszeniert, produziert und leiht seine Stimme verschiedenen Werbespots und sogar der Sendung «NZZ-Format» auf SRF1. Sein neuestes Standbein basiert auf seinem Nachnamen «Sprecher». Als diplomierter Stimm- und Sprechtrainer gibt er sein Können – als Einziger in Graubünden – erfolgreich weiter. Zu seiner Kundschaft zählt er Menschen aus Politik, Wirtschaft, Pädagogik, Sozialwesen, Recht und Medien. Gemäss Christian geht die Kommunikation in der heutigen Zeit leider immer mehr verloren. Sprechen und Zuhören sind nicht mehr so alltäglich wie Tippen, Scrollen und sich dabei visuell berieseln lassen. Umso wichtiger ist es, die Stimme, das Sprechen und das authentische Auftreten wiederzuentdecken. Sprechen ist eine Kunst. Und: «Kunst kommt von Können, nicht von Wollen, sonst müsste es ja ‹Wunst› heissen», zitiert Christian den deutschen Autor Karl Valentin.

Mit dieser Pointe schliesst der rote Vorhang. Tosender Applaus für unseren «Uraroser» Christian Sprecher. Ein Mensch, der versteht, wie man alles, was die Bühne des Lebens zu bieten hat, mit sich selbst verbindet. Christian schaffte es, seine Hobbys, sein Können, seine Talente und nicht zuletzt seinen Namen selbst zur Berufung zu machen. Dabei motiviert, unterhält, unterrichtet und unterstützt er, gibt sein Können weiter und macht so Menschen glücklich. Danke Christian, Bravo und Standing Ovations!

Christian Sprecher’s Erlebnistipp:

Als Geheimtipp neben der Piste empfiehlt uns Christian das Programm von Arosa Kultur. Er selbst wird im März 2025 im Rahmen vom «Kulturwinter» Hermann Hesse lesen. Weitere Infos dazu finden Sie unter: arosakultur.ch